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Wie Bakterien unsere Rüebli schützen
05.08.2025 Bakterien als Schutzschild gegen Schimmelpilze – was zunächst ungewöhnlich klingt, könnte schon bald Realität werden. Das Projekt «Plant Project» zeigt in einer aktuellen Studie, wie sich der Verderb von Rüebli und anderen Gemüsesorten deutlich verringern lässt. Ein vielversprechender Ansatz im Kampf gegen Food Waste.
Die Situation kennen wir alle: Die gestern im Supermarkt noch orange-leuchtenden Rüebli weisen nach nur einer Nacht im Kühlschrank plötzlich dunkle Flecken auf. Verantwortlich dafür ist der Schimmelpilz Berkeleyomyces basicola, der die so genannte «Schwarze Wurzelfäule» verursacht. Der Pilz ist weltweit verbreitet und befällt über 170 Pflanzengattungen – darunter nicht nur Rüebli, sondern auch Erbsen, Bohnen, Zucchini, Äpfel oder Pfirsiche.
Das Tückische: Die schwarzen Flecken sind bei der Ernte meist nicht sichtbar, sondern zeigen sich erst später im Geschäft oder zu Hause im Gemüsefach. Durch unerwünschte Mikroorganismen verdorbenes Gemüse und Obst gehören zu den häufigsten Gründen für Food Waste; was fault, landet im Abfalleimer (s. Infobox).

Eine bakterielle Schutzschicht
Bis heute gibt es keine wirksamen Behandlungsmethoden gegen die Schwarze Wurzelfäule, weder Pestizide noch chemische Stoffe. Nachhaltige Alternativen sind also gefragt. Nach einer solchen Lösung forschte die BFH-HAFL in Zusammenarbeit mit der Universität Fribourg und Agroscope. «Im Rahmen einer Studie testeten wir, ob sich die Rüebli durch eine Art bakterielle Schutzschicht vor Pilzbefall bewahren lassen», erklärt Dr. Mónica Zufferey, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der BFH-HAFL. Der Fachbegriff hierfür lautet Biokonservierung. Dabei kommen nützliche Mikroorganismen und deren Stoffwechselprodukte gezielt zum Einsatz, um schädliche Keime wie eben Schimmelpilze zu hemmen – mit dem Ziel, Lebensmittel länger frisch zu halten.
Bakterien aus Rüebli – für Rüebli
In der Studie wurde untersucht, welche Bakterien das grösste Potenzial haben, um Karotten vor dem Befall des Pilzes zu schützen. «In Labortests haben wir getestet, wie gut verschiedene Bakterien das Wachstum des Pilzes und das Auskeimen seiner Sporen verhindern können», weiss Fanny Louviot, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der BFH-HAFL. Die sechs besten Stämme wurden daraufhin auf Karotten getestet.
«Die Ergebnisse sind vielversprechend», sagt Louviot. «Die ausgewählten Bakterienstämme zeigten ein breites Wirkungsspektrum gegen das Pilzwachstum. Ein Bakterium erwies sich bei der Nacherntebehandlung als besonders wirksam. Der Schutzeffekt hielt über drei Wochen an.» Besonders auffällig: Die beiden wirksamsten Stämme stammen von Rüebli – es handelt sich also um Bakterien, die natürlicherweise auf Rüebli vorkommen. Mónica Zufferey: «Das Karotten-Mikrobiom könnte eine wertvolle Quelle für neue Biokonservierungsstämme sein.»

Was kommt als Nächstes?
Nun folgt die nächste Phase: Mit dem dreijährigen Projekt CarrotShield, das durch das Bundesamt für Landwirtschaft BLW finanziert wird, soll gemeinsam mit Agroscope, mit BioSuisse und Swisscofel die Biokonservierung weiter optimiert werden. Der wirksamste Bakterien-Schutzstamm wird in Karottenlagern von Betrieben getestet, um diese Fragen zu beantworten: Lässt sich die bakterielle Behandlung grossflächig einsetzen? Wirkt sie auch bei anderen Karottensorten? Und ist sie sicher und umweltverträglich? Fanny Louviot zieht eine positive Zwischenbilanz: «Unsere Arbeit ist ein wichtiger Schritt hin zu umweltfreundlichen Strategien gegen Food Waste – und zu einer nachhaltigeren Lebensmittelproduktion.»
Food Waste zwischen Feld und Teller
Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gehen fast die Hälfte aller angebauten Obst- und Gemüsesorten zwischen Feld und Teller verloren oder werden verschwendet. Ein grosser Teil dieses Verlusts ist auf den Verderb durch unerwünschte Mikroorganismen wie etwa der Schwarzen Wurzelfäule zurückzuführen.
Mehr erfahren
«Exploring the potential of lactic acid bacteria and carrot isolates as postharvest disease control agents in carrots», F. Louviot, M. Zufferey, E. Arias-Roth, L. Weisskopf and E. Eugster in Journal of Agriculture and Food Research, Volume 22, 2025.
Rubrik: Forschung