Nachhaltiges Fleisch - What's the beef?

Der Fleischkonsum bleibt trotz bekannter Auswirkungen hoch. Diese Forschung rahmt Präferenzen als Ergebnisse sozialer Praktiken und untersucht nachhaltige Fleischkonsumpraktiken im Kontext Solidarischer Landwirtschaft in der Schweiz.

Steckbrief

  • Beteiligte Departemente Gesundheit
  • Institut(e) Ernährung und Diätetik
  • Strategisches Themenfeld Themenfeld Nachhaltige Entwicklung
  • Förderorganisation BFH
  • Laufzeit 01.03.2024 - 31.07.2025
  • Projektleitung Sonja Schönberg
  • Schlüsselwörter Nachhaltiger Fleischkonsum, Social Practice Theory, Vorlieben

Ausgangslage

Trotz zahlreicher struktureller und individueller Bemühungen, den Konsum zu reduzieren, bleiben tiefgreifende Veränderungen aus. Die Situation in der Schweiz steht exemplarisch für viele wohlhabende Länder, in denen der Fleischkonsum trotz wachsender Problembewusstheit konstant hoch bleibt. Meine kumulative Dissertation, angesiedelt zwischen Soziologie, Ernährungswissenschaften und Konsumforschung, geht der übergeordneten Frage nach: „Nachhaltige Fleischkonsumpraktiken – What’s the Beef?“

Vorgehen

Das Dissertationsprojekt verfolgt zwei zentrale Forschungslinien: 1. Theoretische Neubewertung des Fleischkonsums: Ausgehend von der Sozialen Praxistheorie hinterfrage ich die vorherrschende Annahme, dass individuelle Präferenzen den Fleischkonsum einfach „antreiben“. Stattdessen konzipiere ich Präferenzen als Ergebnisse historisch bedingter und sich wandelnder sozialer Praktiken. Dieser Ansatz stellt rational-choice Modelle infrage und ermöglicht ein differenzierteres Verständnis dafür, wie Fleischkonsum trotz wachsender Problembewusstheit fortbesteht. 2. Empirische Untersuchung von Praxis-Komplexen des Fleischkonsums: Durch ethnografische Langzeitforschung auf einem Schweizer Betrieb solidarischer Landwirtschaft (CSA), der Fleisch produziert, untersuche ich, wie Fleischkonsum und -produktion im Alltag praktiziert und ausgehandelt werden. Daten aus teilnehmender Beobachtung, Einzelinterviews, Gruppendiskussionen und materiellen Artefakten vom Hof, aus den Küchen der Kund:innen und der kooperierenden Metzgerei zeigen, wie Bedeutungen, Materialien und Kompetenzen neue Praktiken des (mehr oder weniger) nachhaltigen Produzierens, Verarbeitens und Zubereitens von Fleisch formen.

Ergebnisse

Ziele der Dissertation: - Beitrag zu wissenschaftlichen Debatten durch die Einführung der Sozialen Praxistheorie als Ansatz zur Erklärung von Essverhalten jenseits individueller Entscheidungsprozesse. - Impulse für die Transformation des Ernährungssystems durch die Konzeptualisierung von Fleischkonsum und -produktion als ausgehandelte Prozesse mit Relevanz für politische Entscheidungsfindung. - Erweiterung des Handlungsfeldes von Fachpersonen in Ernährung und Diätetik durch neue Perspektiven auf (Ernährungs-)Verhaltensänderung, basierend auf Praxistheorie. Die Dissertation umfasst mindestens drei peer-reviewte Publikationen. Der erste Artikel, nahezu bereit zur Einreichung, trägt den Titel: „Präferenzen für Prime Cuts als Ergebnis sich wandelnder Praktiken: Eine praxistheoretische Konzeptualisierung des Fleischkonsums.“ Dieser Beitrag entwickelt eine historisch informierte Kritik am Konzept individueller Essenspräferenzen und schlägt einen praxistheoretischen Zugang zur Analyse von Fleischkonsum in der kulinarischen westlichen Welt vor.

Ausblick

Die theoretischen Grundlagen, die im ersten Artikel gelegt wurden, bilden die Basis für die laufende Analyse meiner empirischen Arbeit. Insbesondere die rekursive und dynamische Verflechtung von Praktiken der Produktion, Verarbeitung und Zubereitung liefert den analytischen Rahmen, um zu erklären, wie nachhaltige Fleischkonsumpraktiken ermöglicht oder eingeschränkt werden. Aufbauend auf diesem Verständnis werden meine nächsten beiden Artikel die empirische Dimension des Dissertationsprojekts weiter ausarbeiten. Ein Beitrag untersucht, wie Fleischproduktion und -konsum innerhalb der CSA-Gemeinschaft ausgehandelt werden, während der andere erforscht, wie alltägliche Praktiken in den Küchen der Kund:innen und in der kooperierenden Metzgerei neue Entwicklungslinien nachhaltiger Fleischnutzung formen. Gemeinsam zielen diese Studien darauf ab, das Verständnis darüber zu vertiefen, wie sich Praxis-Komplexe entwickeln und miteinander interagieren – und wie sie nachhaltigere Formen des Fleischkonsums fördern oder behindern können. Die Arbeit leistet einen Beitrag zum strategischen BFH-Themenfeld ‘Nachhaltige Entwicklung’, indem sie sich an der Gestaltung von Entwicklungspfaden für nachhaltige, resiliente und regenerative Ernährungssysteme beteiligt, die eine faire und gesunde Ernährung ermöglichen.

Ziel ist, ein Verständnis für ‘bessere Fleischkonsumpraktiken’ zu entwickeln.
Ziel ist, ein Verständnis für ‘bessere Fleischkonsumpraktiken’ zu entwickeln.

Dieses Projekt leistet einen Beitrag zu den folgenden SDGs

  • 2: Kein Hunger
  • 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden
  • 12: Verantwortungsvoller Konsum und Produktion
  • 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele