Provinztheater des 19. Jahrhunderts

Die Theaterforschung hat sich lange Zeit auf die grossen Theater in den Ballungsräumen konzentriert. Kleinere Theater in Provinzstädten sind daher trotz ihrer Bedeutung als soziokulturelle Schauplätze und lebendige Orte soziopolitischer Debatten in einer Zeit des raschen politischen Wandels nicht in den Fokus grösserer Studien geraten. Als Orte des Informationsaustauschs, der soziopolitischen Verhandlung und der öffentlichen Meinungsbildung sind die Provinztheater des 19. Jahrhunderts mit einer aktuellen lokalen Realität konfrontiert, die sich in der Wahl ihres Repertoires und ihren Inszenierungsentscheidungen widerspiegelt.

Die Konferenz konzentriert sich auf Aufführungen von Provinztheatern des 19. Jahrhunderts, die aktuelle gesellschaftspolitische Ereignisse oder Debatten thematisieren, und kontextualisiert diese Aufführungen in ihren lokalen Gegebenheiten. Dabei werden nicht nur die Theaterstücke selbst betrachtet, sondern auch die Organisationsformen des Theaters, die an den Programm- und Inszenierungsentscheidungen beteiligten Akteure, die Aufführungspraxis und die Zusammensetzung des lokalen Publikums sowie dessen Erwartungen und Reaktionen. Diese Perspektiven ermöglichen eine Neubewertung von Provinztheatern als Spielstätten, die die soziopolitische Realität in den Provinzstädten sowohl prägen als auch widerspiegeln.
Ziel dieses Treffens ist es daher, die Praktiken der Provinztheater im 19. Jahrhundert zu erörtern, insbesondere Fallstudien von Aufführungen, die aktuelle soziopolitische Ereignisse oder Debatten inszenierten.