Luigi Cherubini und die Kompositionslehre am Pariser Conservatoire

In der heutigen Musikausbildung nimmt der Unterricht in Komposition kaum Bezug auf Fächer wie Harmonielehre oder Gehörbildung. Anders war dies zur Zeit Luigi Cherubinis (1760–1842), Lehrer und späterer Direktor am Pariser Conservatoire.

Steckbrief

Ausgangslage

Im Projekt werden die musiktheoretischen Werke Cherubinis, die umfassende kompositorische Ausbildungspraxis am Conservatoire sowie der Improvisations- und Kompositionsunterricht für Klavierstudierende in Paris (ca. 1810–1840) untersucht. Luigi Cherubini gilt allgemein nicht als Musiktheoretiker, sondern schon zu seiner Zeit in erster Linie als Musikdramatiker. Am Pariser Conservatoire wirkte er aber seit 1795/1796 als Lehrer und von 1822 bis zu seinem Tod als Direktor. In Italien wurde Musiktheorie im Rahmen von praktischen Übungen (solfeggi, partimenti, Kontrapunktübungen) vermittelt. In seinen Pariser Jahren passte Cherubini diese Übungstypen an die französische Tradition an und nutzte sie als Lehrer und Musiktheoretiker. Damit stärkte er insbesondere die Bedeutung der Improvisation und der mündlichen Übungspraxis.

Vorgehen

Als Voraussetzung für die Untersuchung sammelt und beschreibt das Forschungsteam Cherubinis theoretische Werke. Zudem beleuchtet es die einzelnen Bausteine, die schrittweise zu einer allgemeinen Kompositionslehre führten : die solfèges und die Gehörbildung als Fortsetzung der italienischen solfeggio-Tradition, die Umwandlung der partimento-Tradition in die Improvisationslehre von Pianist*innen-Komponist*innen im Umfeld des Conservatoire und der Aufbau des Kontrapunkt- und Kompositionsstudiums im Curriculum der Conservatoire-Studierenden. Die Kompositionslehre erscheint in diesem Zusammenhang als Summe der erwähnten Teilgebiete.

Ergebnisse

Mit dem Beforschen seiner musiktheoretischen Werke erzielt das Projekt eine bedeutende Ergänzung des überlieferten Cherubini-Bildes. Was bisher zu seinen organisatorischen Tätigkeiten als Direktor des Conservatoire bekannt ist, ergänzt die praktische Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsmaterial um einen wichtigen Baustein und Gegenpart. Die Mitarbeit am kollaborativ geplanten Werkverzeichnis bindet das Projekt an die internationale Cherubini-Forschung an. Zudem trägt es auf dem Gebiet der Geschichte des Unterrichts in Musiktheorie dazu bei, diesen als Praxis historisch differenziert zu beschreiben. In der Musiktheorie werden nämlich Teilgebiete wie Kontrapunkt und Harmonielehre traditionell getrennt voneinander unterrichtet, während sie bis weit ins 19. Jahrhundert hinein noch als «vereinheitlichte Theorie» verstanden wurden.

Dieses Projekt leistet einen Beitrag zu den folgenden SDGs

  • 4: Hochwertige Bildung