Jahresthema
Das Y bestimmt jeweils zu Studienjahresbeginn ein Thema, das in Y-Lehrangeboten künstlerisch erforscht wird.
Jahresthema 2022/2023: «Natur»
Die ganze Natur ist nur Symbol des Geistes. (Bettina von Arnim)
Ist Natur das, was nicht vom Menschen geschaffen wurde? Und gibt es so etwas im sogenannten Anthropozän überhaupt noch? Was ist natürlich und wer bestimmt darüber? Besteht ein Gegensatz zwischen Natur und Kultur
In der Antike stand die Natur für das innere Prinzip der Welt, sie war das Wesen aller Dinge. Die Neuzeit erkannte Naturgesetze, denen alles objektiv unterliegt. Während des 19. Jahrhunderts wurde die Natur zur ästhetischen Vorstellung, zu einer menschlichen Projektionsfläche. Und heute? Galt die Natur lange als Verursacherin von Katastrophen, ist inzwischen der Mensch ein Störfaktor, während die Natur lediglich zurückschlägt.
In weiten Teilen der Welt ist die Unterscheidung zwischen Natur und Mensch seit jeher unbekannt. Auch in den Künsten bröckelt die Trennung, etwa in der Ecological Art oder dem Nature Writing. Auseinandersetzungen mit der Klimakrise und der Verschwendung natürlicher Ressourcen, auch Naturmystik und Beschwörungen unbelebter Materie haben in allen Künsten Hochkonjunktur. Ebenso in der Theorie: Schriften von Donna Haraway bis Bruno Latour legen argumentativ dar, warum die Grenzen verschwimmen und Hybride denkbar geworden sind. Und natürlich ist die Natur auch als politische Metapher lesbar, wenn es etwa um «invasive Arten» geht und der Bezug aufs Regionale ideologisch wird: Wo nichts gedeihen soll, was nicht schon immer dort gewachsen ist – da verdüstert sich der Himmel.