HKB-Student Gian Linder befragt

20.01.2023 Boxer, Tänzer oder Kunstvermittler? Gian Linder ist offen und experimentierfreudig. Mit Kunst möchte er etwas bewegen.

Bühnenbild: Links ein junger Mann, dunkel gekleidet am schwarzen Flügel, spielend, mittig rechts ein Mann in dunkler Hose und weissem Unterhemd, tanzend.
Bildstill aus einem Y-Projekt von Gian Linder (tanzend) und Simon Stoppiello, Bachelor Musik Klassik, am Flügel.

Mit 22 Jahren steht der Berner Gian Linder mitten im Leben: An der HKB und der Universität Bern studiert er den Bachelor Vermittlung in Kunst und Design, arbeitet nebenbei als Zeichnungslehrer von Neuntklässler*innen, boxt viermal wöchentlich und geht dreimal pro Woche tanzen. Offenheit, Dranbleiben und das respektvolle Frech-Sein findet er wichtige Qualitäten, die ihn auch auszeichnen. 

Wieso studierst du Vermittlung in Kunst und Design an der HKB?

Ich bin in der Stadt Bern aufgewachsen. Nach dem Vorkurs in Biel habe ich mich an drei Kunsthochschulen beworben: in Marseille, Luzern und Bern. Ich hatte mich für Luzern entschieden. Die Stadt liegt zu nah an Bern, als dass ich alles hätte neu aufbauen müssen. So habe ich meine Hobbies und Freundschaften weiterhin in Bern gepflegt. Ein Bauchgefühl hat mich dann dazu bewegt, nach einem Semester in Luzern an die HKB zu wechseln. Das war der richtige Schritt. Ich habe das Gefühl, dass ich seither richtig habe Gas geben können.
Ich sehe es als Privileg, hier studieren zu dürfen. Ein Kunststudium bringt auch eine bestimmte Aufgabe mit sich. Ich sehe es als Kompromiss zwischen Verantwortung, die ich übernehmen möchte, und etwas tun zu dürfen, das mir Spass macht. Mit der Kunst kann man sinnvolle Dinge anstellen: Zum Beispiel gründe ich gerade einen Verein, der finanzielle Mittel für die Realisierung von humanitären und künstlerischen Projekten sammelt. Das Geld soll aus dem Erlös von kulturellen und künstlerischen Projekten der Vereinsmitglieder fliessen. Gleichzeitig soll der Verein eine fruchtbare Begegnungszone zwischen allen Beteiligten bieten.

Du bist bereits als Lehrer tätig, ist das dein künftiger Beruf?

Mein schulisches Engagement ist aus meinem Zivildiensteinsatz dort entstanden und eine «glückliche Fügung». Es gefällt mir gut. Ich bin nur sieben Jahre älter als die Schüler*innen und mir ist es enorm wichtig, das grosse Potenzial im Bildnerischen Gestalten zu nutzen. Es ist eine angenehme Atmosphäre, in der man sich anderen Fragen annehmen kann als in anderen Fächern. Ich sehe in diesem Nebenberuf eine grosse Verantwortung, die ich gerne annehme. Im Unterricht bestehe ich darauf, respektvoll frech miteinander zu sein. 
Für die Zukunft bleibe ich offen und bleibe ich dran. Ich möchte mich selbst immer wieder provozieren. Gerne möchte ich mich auf die Sachen stützen, die ich bisher gemacht habe – das kann in den Bereichen Tanz, Boxen, Video oder konzeptueller Kunst sein. Vielleicht ist auch der von der HKB ausgezeichnete Dokumentarfilm, der im Rahmen meiner Maturaarbeit entstanden ist, nicht mein letzter, denn diese Arbeit hatte mir sehr viel Freude bereitet. Entsprechend kommt ein Dokumentarfilm- oder Tanzstudium genauso in Frage, wie das Schaffen neuer Schnittstellen meiner Fähigkeiten.
Zudem macht es sicher Sinn, einen Master zu machen – er ist auch Grundvoraussetzung für das Lehrdiplom. Ich kann mir gut vorstellen, den Master Art Education an der HKB zu machen und dann in die Vermittlung zu gehen. In der Vermittlung kann ich mich im Suchen nach neuen Wegen austoben und verschiedene Disziplinen und Fähigkeiten zusammenführen.

Was gefällt dir besonders an der HKB oder an deinem Studiengang und was könnte besser sein?

Es ist keine Frage: Die Infrastruktur der HKB ist überragend und der Support und die Mitarbeitenden der HKB in den Werkstätten sind ausgezeichnet. Die hohe Motivation der Mitarbeitenden, Ideen zu verwirklichen, ist bemerkenswert und nicht selbstverständlich. Mir gefällt auch, dass es so breit gefächerte Dozierende gibt. Mir gefallen fachübergreifende Kurse besonders gut – auch, dass es obligatorisch ist, Y-Punkte zu holen. Es macht Sinn und Freude, interdisziplinär zu arbeiten.
Ich finde es interessant, auch an der Uni Bern ECTS zu holen und mich damit in einer anderen Blase zu bewegen. Dieser Theorieteil ist spannend. Schade ist nur, dass wir durch die Angliederung an die UniB (Eidgenössische Matur ist Zulassungsbedingung) in diesem Studiengang eine eher kleine Durchmischung haben. In Luzern war die Durchmischung grösser. Ich kann mir aber an der HKB Studierende anderer Studiengänge suchen und so auch zu der gewünschten Vielfalt kommen.
Mir ist die HKB etwas zu verhalten. Ich wünschte mir vermehrt ein rücksichtsvolles Provozieren, denn durch Provokation kommt man weiter. Wir sind viele Studierende hier an der HKB. Das ist gegeben und wir können aus dem Vollen schöpfen – also «let’s go»!

Das Gespräch führte Ursina Orecchio

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