HKB-Studentin Hannah Boldt befragt

19.06.2023 Die Diplomandin Hannah Boldt hat an der Hochschule der Künste Bern HKB den Bachelor Visuelle Kommunikation studiert und präsentiert ab dem 23. Juni ihre Abschlussarbeit an der Fellerstrasse 11 in Bern. 

Die junge, braunhaarige Frau trägt einen Pulli in Blautönen und blickt leicht seitlich zur Kamera. Sie sitzt in einem Atelier/Büro.
Hannah Boldt im Atelier an der Fellerstrasse 11 in Bern. Bild: HKB / Linus Küng

Weil das Studium von Kunstgeschichte und Filmwissenschaften an der Universität Zürich zu theoretisch war, hat Hannah Boldt nach vier Semestern entschieden, das Studium abzubrechen und in Luzern den Vorkurs zu machen. Danach hat sie sich auf den Bachelorstudiengang Visuelle Kommunikation an der HKB beworben. Im Gegensatz zu anderen ähnlichen Studiengängen in der Schweiz hat die Vielfalt des Curriculums an der HKB sie angezogen. Dieser Studiengang sollte Freiheiten offenlassen, eigene Interessen zu verfolgen. Diesen Bauchentscheid hat sie nicht bereut. In wenigen Tagen schliesst Hannah Boldt ihren Bachelor Visuelle Kommunikation ab.

Es ist mutig, nach vier Semestern ein Universitätsstudium abzubrechen, um ein Kunststudium zu beginnen. Woher kommt dieser Mut?

Im Umfeld hatte ich einige Leute, die im künstlerischen Bereich tätig waren. Das hat mir gezeigt, dass es möglich ist. Privat hatte ich bereits an Projekten und im Team an Konzepten gearbeitet und das hat mir so Spass gemacht, dass dies Motivator genug war – ohne zu wissen, wie man als Grafikerin dann schlussendlich arbeitet. 

Nun stehst du vor dem Abschluss. Gibt es etwas, das dir missfallen ist und etwas, das dir besonders gut gefallen hat?

Manchmal hatte ich das Gefühl, mich in einem riesigen Konstrukt zu befinden, in dem Veränderungen anzustossen unmöglich zu sein schein. Ich hätte mir gewünscht, mein Pensum noch freier einteilen zu können. Die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums würde den Studiengang vielleicht mehr Menschen zugänglich machen, denn die Arbeitslast war sehr hoch. Ich habe ausserdem den Eindruck, man sei nach dem Studium noch nicht parat für die Arbeitswelt. Es wird auch vorausgesetzt, danach ein Praktikum zu machen.
Mir hat sehr vieles gut gefallen: Das Privileg zu erkennen, hier studieren zu dürfen, fand ich wertvoll. Ich konnte enorm von der super Infrastruktur sowie vom Support und dem Knowhow der Menschen profitieren! Der Fokus auf die Eigeninitiative hat mir auch sehr gefallen.

Worum dreht sich deine Abschlussarbeit und in welcher Form kommt sie daher?
Sie dreht sich um die Zeit. Es hat mit einer breiten Auseinandersetzung gestartet: Wie ist es dazu gekommen, dass wir so nach der Uhr leben? Wir sind sehr verbunden damit. Warum brauchen wir das als Ressource? Wie sind die Menschen in der Vergangenheit mit der Zeit umgegangen? Und wie andere Kulturen? Ich habe mich gefragt, was passieren würde, wenn ich ein Wochenende keine Uhr haben würde und habe es ausprobiert: Ich fühlte mich wie abgekoppelt vom Rest der Welt. Keine Kontrolle mehr über die Uhrzeit zu haben hat bei mir eine grosse Unsicherheit ausgelöst. Basierend auf dieser Erfahrung, habe ich einen Essay über die Omnipräsenz und Ursprünge der Standardzeit geschrieben, der den theoretischen Teil meiner Arbeit darstellt.
Für meine Praktische Arbeit habe ich nach Möglichkeiten gesucht, unserem individuellen Erleben der Zeit eine visuelle Form zu geben. Entstanden sind alternative Uhren, die nicht immer vorwärts-, sondern vielleicht auch mal rückwärtslaufen und solche, die nicht nur eine sondern auch mal mehrere Zeiten anzeigen. Es sind Projektionen und physische Uhren. 

Und nach deinem Abschluss?

Ich möchte in die Berufswelt einsteigen. Gerne möchte ich in Projekte involviert sein, wo es darum geht, etwas auf die Beine zu stellen: einen Ort beleben und Leute zusammenbringen für ein Projekt, das gefällt mir. Ich würde gerne in einem Teilzeitpensum als Grafikdesignerin arbeiten und daneben eigene Projekte verfolgen, bei denen die Arbeit vielleicht etwas weniger an den Computer gebunden ist.

Das Gespräch führte Ursina Orecchio