Ein Atelier in einem riesigen Garten

08.09.2023 Marie Caffari, ehemalige Leiterin des Schweizerischen Literaturinstituts, und Sadie Plant, britische Kulturtheoretikerin, unterhalten sich über das Kunstschaffen und das Studium in Biel.

Zum Roundtable der HKB-Zeitung trafen sich Anfang Juli Marie Caffari, abtretende Leiterin des Schweizerischen Literaturinstituts, und Sadie Plant, britische Kulturtheoretikerin und Lehrbeauftragte HKB: Wie steht es um das künstlerische Schaffen und Studieren in Biel? Das Gespräch führte Christian Pauli, Redaktionsleiter der HKB-Zeitung, auf Deutsch – die französische Übersetzung ist über den Sprachwechsel zu finden.

Marie, kannst du deinen Werdegang nach Biel und in Biel schildern?

MC: Als vor 17 Jahren das Literaturinstitut als zweisprachiger Studiengang konzipiert wurde, war klar, dass es an einem Standort sein muss, der zweisprachig lebt. So bin ich mit dem Literaturinstitut in Biel angekommen. Davor habe ich in London gelebt und an der University of London zur Interaktion von Bildern und literarischen Texten promoviert. Dank des Studiums in Grossbritannien lag mir der Begriff literarisches Schreiben als Studiengang nahe, so bin ich auch zur HKB gekommen. 

Warst du bei der Gründung des Literaturinstituts von Anfang an dabei?

Die Idee eines Bachelorstudiengangs für literarisches Schreiben kam vom Schriftsteller Guy Krneta und wurde im Austausch mit anderen Autor*innen rege diskutiert – u. a. im Kreis des Autor*innenverbands der Schweiz (A*dS). Guy entwickelte das Projekt weiter, trat in Kontakt mit der HKB, die als multidisziplinäre Kunsthochschule gerade am Entstehen war. Ab 2005 begann die Projektphase, die Daniel Rothenbühler und ich geleitet haben, um den Studiengang konkret zu entwerfen.

War von Beginn an klar, dass er bilingue sein wird?

Ja, in Deutschland gab es schon lange Bachelor- und Masterstudienmöglichkeiten in literarischem Schreiben, ebenfalls im angelsächsischen Raum, allesamt monolingual. In der Schweiz dagegen gab es die Möglichkeit eines mehrsprachigen Studiengangs, was meines Wissens einzigartig ist. Es ist eine wunderbare, anspruchsvolle Sache.

Sadie, du hast gesagt, du bist seit 11 Jahren in Biel. Kanntest du das Literaturinstitut, bevor du nach Biel kamst?

SP: Nein, ich wusste fast nichts über Biel. Bei mir war es ganz anders als bei Marie. Ich hatte keinen guten Grund, hierherzukommen, keinen Job, keine Verbindung. Mein Partner stammt aus der Schweiz, aber nicht aus Biel. Wir haben viele Jahre in England gelebt und hatten dann Lust auf etwas Neues. Ein sehr guter Kollege ist in der Nähe von Biel aufgewachsen und der sagte: Das ist eure Stadt. Wir kamen dann für ein Wochenende hierher und bereits in der ersten halben Stunde dachten wir: Er hat recht, es ist unsere Stadt! Es kommt nur selten im Leben vor, dass man ganz frei und ohne einen bestimmten Grund wählen kann, es ist aber auch ein Risiko. Wir haben drei Kinder, zum Glück hat es für uns fünf sehr gut geklappt.

Was ist deine Ausbildung?

Ursprünglich habe ich Philosophie studiert und einige Jahre an Universitäten in England unterrichtet. Dann wurde ich als freie Schriftstellerin mehr oder weniger selbstständig tätig. Ich erachte es als grosses Glück, so leben zu können. Nach ein paar Jahren in der Schweiz bekam ich die Chance, mit Fine-Arts-Studierenden an der ZHdK zu arbeiten, und jetzt beim Master Contemporary Arts Practice (CAP) an der HKB. 

Dann kann man sagen, du, Marie, bist aus beruflichen Gründen nach Biel gekommen und du, Sadie, aus privaten.

MC: Ja, wobei ich mich frage, inwieweit ich das Berufliche vom Privaten trennen kann.

SP: Das ist auch für mich nicht möglich. Für mich als Schriftstellerin ist das Umfeld sehr wichtig und Biel als Stadt, als Kontext hat für mich eine enorme Bedeutung. Ich finde die Stadt inspirierend. Das ist wahrscheinlich der Grund dafür, dass ich hier so glücklich bin.

Damit hast du bereits meine nächste Frage beantwortet, was Leben und Arbeiten in dieser Stadt für euch bedeutet. Biel ist für das künstlerische Leben eine inspirierende Stadt, die genügend Freiraum und eine sprachliche Vielfalt bietet. Ich finde es auffällig, wie ihr euch kennengelernt habt. Das habe ich in Biel schon x-mal gehört: Ah, da gibt es ja noch jemanden, der oder die wohnt da, manchmal auch nur drei Ecken weiter.

SP: Biel ist klein, aber es lebt. 

Marie, wie war das für dich als Stadt zum Arbeiten und Leben?

MC: Für mich – ich verbringe arbeitend seit 2006 die meiste Zeit in Biel, aber schlafe in einer anderen Stadt – ist Biel ein Kondensat, das zu einer Art Grossraumbüro geworden ist – im sehr produktiven Sinn. Mittlerweile kenne ich hier viele Menschen, die an unterschiedlichsten Orten in Biel arbeiten – in den Bieler Cafés, für ein lokales Museum, in der Buchhandlung, in der städtischen Kulturabteilung – und natürlich aktuelle und ehemalige Studierende. Es gibt eine Fülle von Menschen, mit denen wir am Institut in dieser zugleich intensiven und subtilen Vernetzung sind. 

Gibt der Vergleich mit anderen Städten in der Schweiz etwas her?

SP: Nein. Biel ist auch schwer mit anderen Städten in Europa zu vergleichen. Ich finde, es ist wirklich speziell. Die Sprache ist der grundlegende Faktor, aber auch dieser eigenartige Effekt, so kleinstädtisch zu sein und doch irgendwie Metropole. Biel ist immer noch eine Arbeiter*innen-Stadt ist und volkstümliche Anlässe wie die Braderie sind wichtig. Ich geniesse das ganze Menü. Natürlich ist Biel als Kunststadt für mich absolut wichtig und liegt mir am Herzen, aber nur das allein wäre nicht das Biel, über das wir sprechen.

Biel eignet gut als Fluchtpunkt. Es gibt viele Leute, die hierherkommen, weil sie etwas anderes suchen. Ist es auch eine Stadt, die mit ihrer Identität ringt? Ich bin heute Nachmittag vom Spitalareal bis nach Nidau spaziert und habe verschiedene Orte, die mich interessieren, betrachtet. Mir ist aufgefallen, dass Biel sich als Kunststadt, aber auch als Technologiestadt zeigt. Es gibt viele Orte, wo Kunst und Technologie ganz nah zusammenkommen.

SP: Die Uhrenindustrie hat sehr früh diese beiden Felder zusammengeführt. Uhren sind schön, wertvoll, mit viel ästhetischem Sinn gemacht und auch technisch präzise.

Das Kreative, das gemeinsame Motiv?

MC: Die kreative Kartografie ist vielfältig. Was es hier alles Literarisches gibt: ein Stadttheater, welches im Herbst ein Stück von Max Frisch zeigt, aber auch Orte, die für entstehende Literatur offen sind wie das Café littéraire, oder Performanceformate in der Krone Couronne oder im Singe. In Biel gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: Eine ehemalige SLI-Studentin kann mit neuen Texten an einem kleinen Ort auftreten, aber auch zu Gast im Nebia sein, und gleichzeitig ist sie vielleicht mit der Druckwerkstatt Officina Helvetica verbunden. 

Sadie, was nimmst du wahr? Du hast mit Kunststudierenden interdisziplinär zu tun. Was siehst du bei den Kunststudierenden in Biel? 

SP: In Biel leben nicht so viele CAP-Studierende, aber es gibt viele CAP-Alumni, die in der Bieler Kunstszene aktiv sind. Viele Leute erkennen, dass hier etwas möglich ist. Das bringt uns zurück zu der Frage von Technologie und Kunst. In Biel gibt es eine bestimmte Energie, was in meiner romantischen Vorstellung wohl etwas mit dieser Arbeitergeschichte zu tun hat. Die Menschen glauben daran, dass man hier etwas machen kann, egal ob im technischen oder künstlerischen Sinn. Wie zum Beispiel mit dem Terrain Gurzelen. Jemand hat eine verrückte Idee, was man mit diesem verlassenen Stadion machen könnte. 

Eine Arbeitskultur?

Man überlegt nicht lange hin und her, ob es intellektuell oder theoretisch möglich wäre, sondern man probiert es einfach. Ich habe das Gefühl, beim Literaturinstitut läuft es ähnlich.

MC: Es ist ein Ort, wo es Möglichkeiten gibt oder wo man sich die Möglichkeiten nimmt, ein guter Ort also, um kreativ zu arbeiten, um sich in diesem kulturellen Kondensat zu vernetzen. In grösseren Städten, in denen es ein vielfältiges kulturelles Angebot gibt, ist die Distanz zwischen den verschiedenen Orten grösser, in denen Kunst produziert und gezeigt wird. Es gibt Türen, die schneller schliessen, das habe ich zum Beispiel in London erlebt. Dort zirkulierst du tendenziell nur in einem bestimmten Kreis von Kulturproduktion.

SP: Das gilt in Biel nicht nur für Literatur und Kunst, sondern für das Zusammenspiel mit vielen verschiedenen Kreisen der Gesellschaft. Es gibt viel Diversität, aber niemand ist sehr weit weg von der nächsten Kultur.

Gelebte Diversität, aber gleichzeitig auch Nähe? Biel ist nicht so gross, dass sich die Stadt in verschiedene Viertel oder Bubbles aufteilt, es ist alles nah.

Klar, das gibt es. Man kann in einer Bubble leben. Aber man muss einen Effort machen, um den nächsten auszuschliessen. Und plötzlich kommen deine Kinder in der Schule mit ganz verschiedenen Kindern zusammen. Es ist schwierig, sich zu separieren.

Ein soziales Gefälle gibt es schon auch.

Natürlich, aber zum Glück gibt es auch eine Durchmischung.

Ich bin heute am Schluss beim Swiss Center of Design and Health gelandet. Das ist ein Start-up in einer Gewerbeliegenschaft hinter Nidau. Technologisch innovativ, kommerziell vielversprechend, ursprünglich eine Initiative aus der HKB. Das passt perfekt zu Biel, weil es Design, Kunst und Technologie zusammenbringt – im Bereich Gesundheitsforschung. Gleichzeitig ist mir aber auch aufgefallen, du gehst vom urbanen Bahnhof Biel nur wenige Minuten und stehst in Nidau in einer anderen, ländlich geprägten Stadt, die eine eigene politische Gemeinde ist.

Früher sogar in einem anderen Land, da verlief die Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich. 

Biel hat seine Schwierigkeiten mit der Hochkultur. Es gibt hier Hochkultur, es gibt ein Stadttheater. Marie, wie nimmst du das wahr? Du hast 17 Jahre hier am Institut gearbeitet. Wie sieht das Verhältnis zur akademischen Kunstausbildung aus?

MC: Das Reflektieren über das, was wir heute tun, wohin wir wollen, was andere früher gemacht haben, wie sich Literatur überhaupt entwickelt, würde am Literaturinstitut niemand mit dem Adjektiv akademisch verbinden. Es geht im Studium um Praxis und ihre Reflexion, beide Aspekte sind verknüpft. 

Fliessender als in Bern?

SP: Im Studiengang Contemporary Arts Practice verfolgen wir die gleiche Idee. Wir reden viel über Theorie, Philosophie und riesige aktuelle Themen, aber die Begriffe akademisch oder akademisieren gehören in meinem Lexikon nicht zur Kunst. Das hohe Niveau der Kunst kommt aus der Arbeit. 

MC: Ich finde es schwierig, zu vergleichen. Biel ist sicher ein geeigneter Ort, um sich neue Wege der Produktion in der Kunst oder der Literatur auszudenken. Städte wie Zürich oder Genf sind für den Verkauf von Kunst bekannter. Hier wird reichlich geschrieben und veröffentlicht: Es gibt Verlage, Produktions- und Ausstellungsorte wie das Lokal-Int, wo wir jetzt zusammen sprechen. Ich nehme aus meiner Zusammenarbeit mit anderen Menschen in Biel die Stadt als Atelier wahr, als Ort, an dem die künstlerische Praxis im Zentrum stehen darf, wo sie reflektiert wird. 

Biel als Grossraumatelier?

Biel ist ein Ort, wo viel entstehen kann, wo Projekte wieder verworfen werden können, vielleicht auch mit einer gewissen Leichtigkeit. Das ist vielleicht das, was sehr gesund ist in Biel.

SP: Das hat etwas mit dem Bilinguismus zu tun. Denn ich finde, es gibt eine riesige Toleranz. Ich bemühe mich jeden Tag, Französisch zu sprechen und die Leute warten, ganz tolerant, oder antworten auf Deutsch, wenn es nicht reicht. Und wie die Leute innerhalb eines Satzes manchmal die Sprache wechseln! Schon der erste Blick auf den Bahnhofplatz ist anders, die Bevölkerung ist divers. Auch die Landschaft: der See, der Wald, so einfach und schnell zu erreichen. Biel ist wie ein Atelier in einem riesigen Garten.

Die Stadt Biel könnte sich viel stärker positionieren als Stadt der künstlerischen Produktion, des künstlerischen Lebens. Sie könnte viel stärker zeigen, dass es so ist oder was hier möglich ist. 

Ich frage mich, was diese Positionierung bringen würde. Mit zu viel Gewicht auf ein solches Image könnte in Biel auch etwas Wichtiges verloren gehen.

Was?

Es ist auch von Vorteil, dass Biel ein eher schlechtes Image hat. Probleme gibt es hier genug, das Leben ist für viele hart. Aber all das ist Teil dessen, was hier passiert. «Good Marketing» würde Biel genau die gleiche Kultur bringen wie in anderen Städten.
MC: In der Romandie, wo ich herkomme, wird die Stadt seit mehreren Jahren auch in Bezug auf Kunst besprochen. Das Bieler Bild ist subtiler geworden, als zweisprachige kunst- und literaturaktive Stadt – u. a. mit den Bieler Fototagen, den Journées photographiques de Bienne, dem Kunsthaus Pasquart, dem Schweizerischen Literaturinstitut, Nebia usw. 

Biel ist auch eine Pendler*innenstadt, ein Scharnier zwischen der deutschen und der französischen Schweiz. Viele Leute kommen nach Biel arbeiten und gehen wieder oder umgekehrt, wohnen in Biel und arbeiten auswärts. Hier im Bahnhofsviertel hat man das Gefühl, es gibt sehr viel Bewegung, aber auch aus der Stadt hinaus. 

SP: Biel ist ein Knotenpunkt zwischen Bern, Lausanne, Zürich, Basel und dem Jura.

Zum Ende des Gesprächs möchte ich persönlich auf euch beide zurückkommen. Sadie, was sind deine Pläne?

Bezüglich Stadt Biel: einfach hier zu bleiben. Ich war in meinem ganzen Leben nie so glücklich in einer Stadt wie hier und ich habe absolut keine Lust, in einem anderen Ort zu wohnen. In Biel habe ich mein erstes Projekt in bildender Kunst gemacht. Das war eine Installation im Le Lieu Secret und kommt jetzt als Buch heraus. Zwar bin ich die Autorin des Buches, aber jeder Satz ist der Titel eines Buchs, daher ist das Ganze wie eine Reihe von Bücherregalen. Der Titel lautet Comment lire a Bookshelf in einem Buch. Der Titel beinhaltet Biels zwei Sprachen und meine eigene. Hoffentlich kommt es im Herbst bei Spector Books heraus.

Also ein transdisziplinäres und -mediales Kunstbuch?

Ja, das kann man sagen. Für mich ist wichtig, dass es mein erstes Buchprojekt ist, welches ich mit anderen Leuten zusammen gemacht habe. Es ist nicht nur von mir. Wie viele andere Schriftstellerinnen habe auch ich immer allein gearbeitet. In Biel habe ich zum ersten Mal in meinem Leben diese Chance, mit dem richtigen, sympathischen Leuten zusammenzuarbeiten – eine traumhafte Entdeckung.

Bei dir, Marie, ist die Situation natürlich eine andere. Es nimmt mich kollegial wunder, darauf hast du aber vielleicht gar keine Antwort, aber du kannst es ja auf einer höheren Ebene beantworten: Wo geht die Reise bei dir hin?

MC: Meine Arbeit am Literaturinstitut habe ich 17 Jahre lang wie ein Projekt betrachtet: Es entwickelte sich immer weiter, es gab immer etwas, was sich verändert hat. Jetzt bin ich damit beschäftigt, das Projekt für mich abzuschliessen und weiterzugeben, damit ich zum nächsten noch nicht definierten Projekt gehen kann. Erst mal werde ich mich in einem offenen Raum wiederfinden, das habe ich mir so gewünscht.

Es könnte auch sein, dass es dich ganz woanders hintreibt.

Ich schliesse es nicht aus. Ich habe meinen Job am Literaturinstitut mit enormer Freude gemacht. Er hat meine ganze Aufmerksamkeit verlangt, so wollte ich das auch. Ein solcher Fokus kann nur einmalig sein, es wird nachher forcément anders sein. 

Nicht nur die HKB, auch Biel wird dich höchstwahrscheinlich verlieren?

Ja, aber ich werde weiterlesen und mehr Zeit haben, um kulturelle Veranstaltungen zu besuchen. Was die Arbeit am Literaturinstitut mit den Studierenden und Dozierenden ganz besonders macht, ist die Fülle von Verbindungen, die durch Texte und Menschen entstehen. Sie bleiben. 

SP: Und es wird interessant sein, als Besucherin zurückzukommen. Dann wirst du noch einen anderen Blick haben.

«Nicht im leeren Raum»

«Am Schweizerischen Literaturinstitut haben sich seit der Gründung 2006 über hundert Autor*innen ausbilden lassen. Es ist unter der langjährigen Leitung von Marie Caffari ein Ort für lebendige Schweizer Literatur geworden: Dort wird in zwei Landessprachen geschrieben und gelehrt und das (Zwie-)Gespräch zwischen Lehrenden, Mentoren und Studierenden steht besonders im Mittelpunkt. In vielen der Texte steckt auch ein Stück von der Stadt, in der sie entstanden, entwickelt, beendet oder begonnen wurden. Denn zum Schreiben braucht es zwar einen Rückzugsort, ein Schreibzimmer, es braucht aber ebenso den Raum vor der Tür: Jenseits der eigenen vier Wände finden Schreibende den Austausch mit Kunst- und Literaturschaffenden, Gespräche und Begegnungen mit dem Publikum, Gemeinschaft mit Anders- und Gleichdenkenden, altbewährte und neu zu entdeckende Spaziergänge. Sie finden auch eine Zweisprachigkeit, mit der sich die Grenzen und Möglichkeiten der Wahlsprache immer aufs Neue testen und erproben lassen.

Wie an Biel vielleicht besonders deutlich wird, entsteht Literatur für mich nicht im leeren Raum, sie ist eng verwoben mit ihrer Umgebung – und umgekehrt kann auch das Schreiben den Raum verändern und prägen. Schon die Villa Rockhall IV selbst bietet mit ihrer vielseitigen Geschichte einen inspirierenden Hintergrund für die Menschen, die heute dort arbeiten. Es ist deswegen eine grosse Freude für mich, jetzt mit dem Schweizerischen Literaturinstitut an der HKB, den Kolleg*innen und den Studierenden auch Biel als Kunst- und Literaturort entdecken zu können. Die ersten Schritte sind mit viel freundlicher Unterstützung getan. Ich bin gespannt, zu lernen, wo Stadt und Literatur bereits miteinander im Gespräch sind – und gemeinsam zu erkunden, wo sie es vielleicht noch sein könnten.»

Leonie Achtnich, Leiterin Schweizerisches Literaturinstitut

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